Forschungsverständnis/Artistic Research

Die GMPU setzt in der Forschung auf die zwei Richtungen wissenschaftliche Forschung und künstlerische Forschung (Artistic Research) und bettet diese in einem breiteren Verständnis für forschend-reflektierende Praktiken ein, welches als Entwicklung und Erschließung der Künste bezeichnet wird (EEK).

Der wissenschaftlichen Forschung zugerechnet werden die zentralen Schwerpunkte Angewandte Musikwissenschaft (Forschung zur Live-Performance von Musik, zum Erleben von Musik, musikwissenschaftliche, soziologische Projekte), Ethnomusikologie (Dekolonialisierung, Klangtaxonomien und Klangarchive, transkulturelle Praktiken und Ästhetiken) und Interdisziplinäre Musikpädagogik (Erforschung der kindlichen Perspektive auf musikpädagogische Prozesse und Themenstellungen, Inklusives Musizieren, musizierpädagogische und -didaktische sowie interdisziplinäre Projekte).

Die junge Disziplin der mit dem englischen Begriff bezeichneten Artistic Research (AR) versteht sich als Forschung in den Künsten und durch die Künste. In der kontinentaleuropäischen Tradition bezeichnet AR sowohl eine besondere Charakteristik forschender künstlerischer Praktiken als auch die damit einhergehende Institutionalisierung, insbesondere in Zusammenhang mit der Einführung universitärer Programme des Dritten Zyklus, der Etablierung disziplinübergreifender Interessenverbände, dezidierter Periodika und eigenständiger Institutionen. So ist AR an der GMPU eng mit dem gegenwärtigen Aufbau eines künstlerischen Doktoratsstudiengangs verbunden. Im Zentrum der AR stehen Kunstschaffende als involvierte Forschende, deren Praxis zentraler Teil der Methode ist. Diese zielt darauf ab, den künstlerischen Prozess zum eigentlichen Gegenstand zu nehmen, worin Aufführen, Komponieren, Gegenstände herstellen, Ausstellen, Intervenieren usw. als Vehikel zur Generierung neuen Wissens und neuer Erkenntnisse fungieren. Diese Tätigkeiten sind nicht isolierter Beobachtungsgegenstand der Forschung, sondern werden in ihrer Performativität und Wirkmächtigkeit (agency) als konstituierend für den Forschungsvorgang verstanden. Das erfordert eine Sicht- und Hörbarmachung oftmals nicht-propositionalen Wissens – als Ergänzung von klar verbalisierbarem „wissen, dass“ durch ästhetisches und handlungsorientiertes „wissen, wie“ – durch vielschichtige sich gegenseitig ergänzende Dokumentationsformen, die nichtsdestotrotz kritische Textproduktion als wichtigen Teil integriert. Die Arbeit in der AR geht darüber hinaus systematisch vor und zielt darauf ab, mit den Kunstschaffenden verwobenes Wissen und Erfahrungen auf eine intersubjektiv nachvollziehbare Ebene zu bringen. Dazu sichert sie sich durch Einsatz, Abstimmung und Verbindung vielfältiger Methoden und Techniken ab, die je nach Nähe zur spezifischen Forschungsfrage aus anderen Disziplinen wie den Geistes- und Sozialwissenschaften hinzugezogen werden. Das bedeutet auch, dass innerhalb der GMPU die künstlerische Forschung in engem Austausch mit der wissenschaftlichen Forschung steht. Oftmals ist das Experiment zentraler Methodenbestandteil. Die AR ist dadurch interdisziplinär angelegt und versucht, Brücken zwischen dem künstlerischen Schaffen und anderen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskursen herzustellen. Die Forschung der GMPU innerhalb des zu akkreditierenden Doktoratsstudiengangs soll in den drei Schwerpunkten Musikalische Aufführungskunst, Komposition sowie Klang und Intermedia stattfinden.

Als Begrifflichkeit, die weiter als AR gefasst wird, hat sich „Entwicklung und Erschließung der Künste“ (EEK) herausgebildet. EEK ergänzt die Lehre durch forscherisches Tun des künstlerischen Personals, das über zum Beispiel rein praktische Aufführungstätigkeiten hinausgeht, indem solche Tätigkeiten kontextualisiert und reflektiert und mit dem Ziel der Fortentwicklung der künstlerischen Sprache erweitert und vertieft werden. Die GMPU verpflichtet sich in ihrem Selbstverständnis der Entwicklung und Erschließung der Künste und übernimmt damit gesellschaftliche Verantwortung.

Seit Universitätsgründung wurden bereits über 50 EEK-Projekte durchgeführt, die regional im Alpe Adria Raum, national und international ausgerichtet waren. In Klagenfurt wurden diverse Kooperationsprojekte beispielsweise mit dem Musil-Haus, dem Domenig Steinhaus und der Hafenstadt durchgeführt. Durch die häusliche Gemeinschaft mit dem Konzerthaus Klagenfurt befindet sich die Musikausbildung an der GMPU an der Schnittstelle zwischen Ausbildung und Ausprobieren, zwischen Auftritt und Feedback, zwischen Aufführungskunst, Forschung und Lehre. So ist eine fundierte und gleichzeitig innovative, forschungsgeleitete künstlerische Ausbildung möglich.

Die besondere Lage Klagenfurts am Schnittpunkt mehrerer Kulturen und Sprachgemeinschaften und die daraus resultierende große kulturelle Diversität der Lehrenden und Studierenden bieten die ideale Grundlage für eine aufgeklärte, zukunftsorientierte und selbstverständlich internationale Forschung.